Villa, Aquarell auf Papier, mit freundlicher Genehmigung von Dipl. Ing. Architekt Stefan Dobrowolski, DAS ARCHITEKTEN, Darmstadt, www.das-architekten.de
Für die meisten Menschen ist die eigene Immobilie die größte Investition ihres Lebens. Und die meisten Immobilieneigentümer würden wohl auch sagen, sie sei ihr größter Vermögenswert.
Robert T. Kiyosaki unterscheidet allerdings in seinem Bestseller Rich Dad Poor Dad auf interessante Weise zwischen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten. Demnach ist alles, was in irgendeiner Form Einnahmen bzw. Vermögenszuwachs generiert ein Vermögenswert, alles was zu Ausgaben führt bzw. das Vermögen mindert, ist eine Verbindlichkeit. Damit fallen für ihn auch selbstgenutzte Immobilien in die Kategorie Verbindlichkeit. Er begründet das mit den laufenden Kosten, die eine Immobilie verursacht.
Natürlich wird in der Regel zur Immobilienfinanzierung ein Darlehen aufgenommen, bei dem es sich klar um eine Verbindlichkeit handelt. Aber ist die Immobilie selbst eine Verbindlichkeit? Wäre es also besser, sein Geld in andere Anlageklassen zu investieren?
Der Slogan der Wohnungswirtschaft lautet “gewohnt wird immer”. Wohnen ist ein Grundbedürfnis, aber es ist nicht kostenlos. Wer also keine eigene Immobilie besitzt, muss Miete zahlen (die Nebenkosten vernachlässigen wir an dieser Stelle einmal). Die gezahlte Miete ist also die Referenzgröße. Diese kann man für die Lebensdauer schätzen und mit den Kosten vergleichen, die das Eigentum an einer Immobilie mit sich bringt.
Kaufpreis, Kaufnebenkosten und Zinsen lassen sich noch ziemlich genau bestimmen, sofern die Finanzierung entsprechend strukturiert wird. Ansonsten gibt es bereits hier ein Zinsänderungsrisiko. Die genauen Kosten für eventuelle Handwerkerleistungen kennt man auch erst im Nachhinein (und schon manches Bauherrenbudget wurde durch sie gesprengt). Und welche Instandsetzungskosten die Immobilie verursacht, lässt sich auch nur schätzen. Zu guter Letzt bleibt noch das Wertentwicklungsrisiko, also die Frage, zu welchem Preis die Immobilie später veräußert werden kann. Hier wiederum spielen Faktoren wie Mikro- und Makrolage eine Rolle, aber auch die demografische und sozioökonomische Entwicklung der Region und natürlich der Zustand der Immobilie selbst (der wiederum von den Erhaltungsaufwendungen abhängt).
Hier steckt also überall jede Menge Unsicherheit drin. Ich kenne weder die exakte Miete, die ich in Zukunft zu zahlen hätte, noch weiß ich genau, wieviel eine Immobilie in 20 oder 30 Jahren wert sein wird. Bei der Miete gibt es aber Optimierungspotenzial. Denn durch die Flexibilität, die ich als Mieter habe, kann ich bei Änderung meiner Lebensumstände die Größe der Wohnung und damit die Mietkosten anpassen. Theoretisch. Dem stehen möglicherweise steigende Mieten entgegen. Außerdem neigen Menschen dazu, einmal erworbenen Wohlstand nicht wieder aufgeben zu wollen. Das heißt, auch wenn die Kinder aus dem Haus sind, bleiben die Menschen meist in den dann viel zu großen Wohnungen. Das gilt sicher noch mehr für Einfamilienhäuser, in denen man aber zumindest irgendwann “mietfrei” wohnt.
Ob die Immobilie ein Vermögenswert oder eine Verbindlichkeit ist, stellt sich somit erst am Ende heraus. Die Frage ist dabei aber nicht, ob mit der Immobilie Gewinn gemacht wurde. Sondern die Frage muss sein, ob durch die Immobilie die Wohnkosten reduziert wurden, am Ende also mehr Vermögen vorhanden ist, als wenn über Jahre und Jahrzehnte Miete gezahlt wurde. Und da Immobilien in der Regel über einen nicht unerheblichen Restwert verfügen, wird die Antwort meist “ja” lauten.